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Professor Dr. Harald Schoelen im Gelderner Bürgerforum
Meldung vom: 15.08.2023
Professor Dr. Harald Schoelen im Gelderner Bürgerforum:
„Es muss darum gehen, Menschen in der Region zu halten!“
Geldern. „Die Menschen, nicht die Häuser machen die Stadt!“ Schon diese Feststellung aus der Antike, die dem Athener Staatsmann Perikles zugeschrieben wird, verdeutlicht die Bedeutung der Frage, die sich Professor Dr. Harald Schoelen von der Hochschule Niederrhein stellte: Wie wird sich die Bevölkerung in Geldern in den nächsten 30 Jahren verändern? Seine Ergebnisse fasste der Gelderner Wirtschaftswissenschaftler in einer Datenaktualisierung zum demografischen Entwicklungskonzept 2011 zusammen, das er zahlreichen interessierten Gästen im Gelderner Bürgerforum vorstellte.
Von besonderem Interesse waren die ermittelten Werte für Entscheider aus Wirtschaft und Politik, die sich nicht zuletzt Hinweise darauf erhofften, welche Konsequenzen der oft zitierte demografische Wandel auf das Arbeitsmarktpotential und die Kaufkraft in Geldern haben wird. Auch der Vergleich zu anderen Kommunen oder ein Blick auf sich abzeichnende Verlagerungen in der Region wurden hinterfragt. Vor diesem Hintergrund dankte Bürgermeister Sven Kaiser schon bei seiner Begrüßung dem Referenten für dessen Ausführungen, die er in einer Präsentation zusammengefasst hatte und die im Rahmen der Entwicklung des „Nachhaltigen Stadtentwicklungskonzeptes“ zu bewerten sind.
Im Fokus standen Veränderungen und Entwicklungen in Geldern mit Blickrichtung auf die Zeitspanne bis 2040 / 2050, die Entwicklungsperspektiven und Handlungserfordernisse aufzeigen sollten.
Dass man davon auszugehen hatte, dass die Bevölkerung – nicht nur am Niederrhein - immer älter wird, wurde bestätigt. Erwartbar, so Harald Schoelen, sei beinahe eine Verdopplung der Menschen über 67 Jahre bis zum Jahr 2050. Gleichzeitig wird die Region mit einer abnehmenden Einwohnerzahl leben müssen, denn vor allem bei den 18- bis unter 25-Jährigen und leider ebenso bei den 50- bis unter 65-Jährigen zeichnet sich eine Abwanderungsbewegung ab.
„Es kommen leider nicht genügend junge Menschen nach und das wirft die Frage auf, wo fehlende Arbeitskräfte herkommen sollen“, so Schoelen, der allerdings darauf hinwies, dass Geldern ein Arbeitsmarktzentrum für die Region sei. Nach wie vor würden Pendler aus Straelen, Issum, Kerken, Weeze und nicht zuletzt aus Kevelaer nach Geldern kommen. Dennoch sei eine abnehmende Zahl bei Kindern und Jugendlichen ein Problem. Vor allem auf dem Arbeitsmarkt sei ein prognostizierter Rückgang von 3.000 Menschen drastisch.
Einstellen müsse man sich auf ein Wachstum bei der älteren Bevölkerung. Ein hierzu ermittelter Wert, der sogenannte „Altenquotient“, steige von 29,4 im Jahr 2021 auf 46,3 im Jahr 2050. Oder an einem Beispiel verdeutlicht: Auf jeden Rentner kämen dann nur noch zwei Menschen im arbeitsfähigen Alter.
Parallel dazu bliebe der sogenannte „Jugendquotient“ hingegen auf etwa gleichem Niveau (21,4 im Jahr 2021 auf 22,1 in 2050). Als „relativ stabil“ bezeichnete Schoelen die Gruppe der unter 24-Jährigen.
Zweifellos, so Harald Schoelen, ließe sich die Alterung der Bevölkerung nicht aufhalten. Dem könne man zum Beispiel dadurch begegnen, länger und mehr zu arbeiten oder auch dadurch, mehr Frauen in die Beschäftigung einzubeziehen. Dass dies in Zeiten von „Work-Life-Balance“-Gedanken merkwürdig klingt, sei ihm bewusst. „Aber anders wird es nicht gehen“, so Harald Schoelen.
Nach Meinung des Wissenschaftlers sei es eine Kernaufgabe, Menschen möglichst in der Region zu halten. Geldern müsse dabei für sich die Vorteile einer Schulstadt ausnutzen. Also die Tatsache, dass man die jungen Menschen zunächst einmal in der Stadt habe und entsprechend ein Kontakt bereits vorhanden sei, um den andere Kommunen sich erst einmal bemühen müssten. Eine Empfehlung somit: Die Gelderner Wirtschaftsförderung braucht einen Masterplan. Dass er selbst ein großes Interesse daran hat, dass es Geldern gutgeht, verdeutlichte er seinen Zuhörern: „Ich bin in Geldern geboren. Hier ist meine Heimat und deshalb bin ich mit meiner Familie hierher zurückgezogen“, so Professor Harald Schoelen, der sich über viele interessierte Fragen aus dem Publikum im Anschluss an die Präsentation sehr freute.