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Babybedenkzeit - Elternpraktikum
Präventionsprojekt des Gelderner Jugendamtes
Seit 2008 führt das Jugendamt der Stadt Geldern in Zusammenarbeit mit dem Sozialdienst katholischer Frauen Kleve e.V. das Projekt Babybedenkzeit -- Elternpraktikum in den Gelderner Schulen durch. An dem Projekt können acht Gelderner Mädchen der Klasse 8 teilnehmen, die sich um einen Babysimulator kümmern müssen. Von Montag bis Freitag wird es durchgeführt und die Mädchen werden vom Schulunterricht frei gestellt. Dafür setzen sie sich im Jugendzentrum check point in Begleitung und Anleitung von zwei Sozialpädagoginnen mit Themenschwerpunkten um „Mutter sein" auseinander. Dort werden u.a. Themen besprochen wie z.B. wie entsteht eine Schwangerschaft, welche Verhütungsmittel gibt es und welche Fehler kann man in der Anwendung machen. Wie kann ich mit meinem Partner über Sex reden, aber auch wie muss eine gute Mutter und ein guter Vater sein, welche Verantwortung bringt ein Baby mit sich und was kann ich bei Überforderung tun. Auch die Problematik Alkohol und Drogen während der Schwangerschaft ist ein Thema, womit sich die Mädchen auseinander setzen.
Die Geburt
Die Mädchen tasten unter eine Decke und nehmen ein paar Füße in die Hand. Dann die Überraschung „Ist es ein Junge oder Mädchen?"
Danach bekommen die Babys einen Namen, der in die Geburtsurkunde eingetragen wird.
Die stolzen „Mütter"
„Es ist doch etwas ungewohnt mit dem Kinderwagen unterwegs zu sein"
„Die Leute schauen einen so komisch an."
„Ich wurde häufig von Leuten angesprochen, ob es mein Kind ist"
„Die schlaflosen Nächte sind anstrengend"
(Aussagen aus verschiedenen Projektdurchläufen)
Es wird mit Knete anschaulich verdeutlicht wie man schwanger werden kann, wann die fruchtbaren Tage sind und wie lange Spermien überleben können.
In jedem Projektdurchlauf kann den Mädchen noch etwas Neues vermittelt werden.
Jedes Mädchen kann mitkneten und beim „lebendig werden" des Modells kommt Freude auf.
Knete-Modell zum Thema Geschlechtsverkehr
Die Antworten auf die Fragen wie z.B.
„Ab wann hat das Mädchen Eizellen?" oder
„Wie viele Spermien kommen bei einem Samenerguss heraus?"
erstaunen die Mädchen.
Thema Sex und Verhütung
Am Stoffmodell wird gezeigt wie die Jungfernhäutchen aussehen oder was der Kitzler ist.
Durch einen offenen Umgang mit den Themen wird eine Basis geschaffen, dass die Mädchen sich trauen Fragen zu stellen, die sie bewegen.
Beim Thema Verhütung wird besprochen, welche Verhütungsmittel es gibt, aber auch welche Fehler man bei der Anwendung machen kann.
Die Mädchen dürfen ausprobieren, worauf es beim überziehen eines Kondoms ankommt.
Alkohol- und Drogenkonsum während der Schwangerschaft
Ein Themenblock beschäftigt sich damit, welche guten und schlechten Einflüsse schon während der Schwangerschaft auf das Baby wirken.
Den Mädchen wird bewusst, dass das Baby nicht die Nabelschnur zuhalten kann, wenn die Mutter sich schlecht ernährt oder lebt.
Ein Babymodell ist von einer alkoholabhängigen, das anderen von einer drogenabhängigen Mutter.
Ein Babysimulator kann auch eingeschaltet werden und simuliert die Entzugserscheinungen, die das Baby hat, wenn es auf die Welt kommt. Das beeindruckt die Mädchen immer wieder sehr und ihnen wird bewusst, welche Verantwortung eine Mutter hat.
Hintergrund des Projektes
Mit dem Projekt sollen die Mädchen einen ersten Eindruck bekommen, was es heißt ein Kind groß zu ziehen. Einige Erfahrungen sind körperlich und emotional erlebbar, wie zum Beispiel die schlaflosen Nächte und dass es anstrengend ist, nach einer schlaflosen Nacht trotzdem aufmerk- sam für die Schule, Ausbildung oder Beruf zu sein. Das Schreien des Babys, wenn der Kopf nicht gestützt wurde, bringt viele Mädchen an ihre Grenze.
Dass man von der Bevölkerung angeschaut und angesprochen wird oder in der Familie und im Freundeskreis Aufmerksamkeit erfährt, sind weitere Erfahrungen. Das Projekt hat natürlich auch Grenzen und manche Erfahrungen können nur besprochen werden, wie z.B. was ist bei dem Umgang mit dem Babysimulator anders, als bei einem menschlichen Baby?
Bei dem Babysimulator gibt es ‚nur' vier Gründe, warum es schreit: es hat Hunger, die Windel voll, es muss ein Bäuerchen machen oder es möchte gewiegt werden. Wenn das Bedürfnis gestillt wurde, hört es auf zu schreien. Man muss keine Flasche vorbereiten und der Babysimulator spuckt nicht oder nässt sich ein, so dass man es umziehen oder baden muss.
Bei einem menschlichen Baby können es eine Vielzahl von Gründen sein, warum es schreit und die Eltern gelangen an Grenzen. Die Mädchen sollen auch an ihre Grenzen kommen, aber dabei nicht überfordert werden. Durch die verschiedenen Schwierigkeitsstufen kann dies gut erreicht werden. Durch morgendliche Gespräche und Auslesen des Computers können die Mädchen gut begleitet werden.
Die Mädchen sind am Ende der Woche froh, das ‚Baby' wieder abgeben zu können und ein freies Wochenende zu haben.